Ein Sozialunternehmen für die Kunst
Unser letzter Tag in Kambodscha, in Siem Reap, ist angebrochen. Wir haben in den vergangenen Tagen den archäologischen Park von Angkor mehrfach besucht und uns von der Magie der Tempelanlagen verzaubern lassen. Heute wollen wir nochmals in die Altstadt. Herr Tarrith fährt uns mit seinem Tuk Tuk ins Zentrum und fragt: „Habt Ihr schon die Artisans Angkor, die Künstler von Angkor, besucht?“

Nö! Wen bitte? Artisans Angkor, so erfahren wir, ist ein kambodschanisches Sozialunternehmen, das jungen Leuten – vor allem aus ländlichen Gebieten – Arbeit und Ausbildung bietet. Zugleich pflegen und bewahren die Artisans Angkor das traditionelle Handwerk der Khmer. Oh, das klingt ja spannend! Also nichts wie hin!

Schauwerkstatt in Siem Reap
Zwei Standorte sind öffentlich zugänglich: Eine Seidenfarm im Bezirk Pouk und die Schauwerkstätten in Siem Reap, die sich ganz in der Nähe des „Old Market“ im Zentrum der Stadt befinden. Der Eintritt ist frei.

Bei der Führung dürfen wir Steinmetzen und Bildhauern über die Schultern schauen, wir besuchen außerdem Holzschnitzer, Silberschmiede und Lackkünstler.

Aus dem weichen Sandstein der Region schaffen die Kunsthandwerker der Artisans Angkor wunderschöne Buddha-Skulpturen und Reliefs, wie man sie auch in den Tempelanlagen sehen kann.

Die Künstler von Angkor werden längst mit Restaurierungsarbeiten in den historischen Stätten im archäologischen Park beauftragt. Ihre Arbeit ist also weit mehr als „nur“ das Schaffen schöner Souvenirs. Sie sind hoch geschätzte Experten, die zum Erhalt des Welterbes einen wichtigen Beitrag leisten.

Anfänge als Bildungsprojekt
Gegründet wurden Artisans Angkor Anfang der 1990er Jahre – zunächst als Erziehungsprojekt „Les Chantiers-Ecoles de Formation Professionnelle“ (CEFP) des kambodschanischen Bildungsministeriums, um jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Ziel war es, das Land nach dem verheerenden Krieg wieder aufzubauen.

Dank europäischer Fördermittel nahm das Projekt Fahrt auf. Besonders intensiv wurde seine Entwicklung von der staatlichen Agentur für Entwicklung der früheren Kolonialmacht Frankreich begleitet. Die Handwerkskunst der Khmer steht heute im Zentrum aller Aktivitäten.

Das traditionelle Kunsthandwerk war in dem südostasiatischen Land beinahe ausgestorben. Eine fürchterliche Folge der Schreckensherrschaft der Roten Khmer in den 1970er Jahren, die alles vernichteten, was ihrer Ideologie zu widersprechen schien. Die Artisans Angkor haben die alten Handwerkstraditionen wiederbelebt – und gerettet.

Größter Arbeitgeber der Region
Die halbstaatliche Firma beschäftigt mehr als 1.300 Menschen, von denen etwa 900 Handwerker sind, die in 48 verschiedenen Workshops der Provinz Siem Reap arbeiten. Heute sind Artisans Angkor der bedeutendste Arbeitgeber der Region.

Den Malern, Holzschnitzern, Steinmetzen und ihren Kolleg/innen gehören zwanzig Prozent der Firma. Ihre Arbeit wird auch finanziell gewürdigt: Die Mitarbeiter/innen erhalten rund 180 bis 400 Dollar im Monat. Damit liegen sie deutlich über dem Durchschnittslohn in dem nach wie vor sehr armen Land. Außerdem haben die Mitarbeiter kostenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung und Sozialleistungen.

Der Gewinn fließt zurück ins Unternehmen: Er wird bei Artisans Angkor verwendet, um neue Werkstätten zu eröffnen und damit Jobs zu schaffen.

UNESCO Preise
Artisans Angkor sind hoch dekoriert und haben viele Preise erhalten, darunter zwei Gütesiegel für handwerkliche Produkte in Südostasien, die gemeinsam von der UNESCO und der Asean Handicraft Promotion and Development Association (AHPADA) verliehen wurden. Glückwunsch! Sehr verdient!!


Fazit
Artisans Angkor ist ein einmaliges Projekt. Es gibt den Menschen, die dort arbeiten, Sicherheit und Zukunft. Wir waren beeindruckt von der offenen Atmosphäre und dem geradezu familiären Zusammenhalt.
Info: Artisans Angkor
