Wochenende in Jerusalem (+ Video)

Schabbat-Ruhe und High-Life

Im April 2019 besuchen wir Jerusalem bereits zum zweiten Mal. Wenn ich mir heute die Bilder anschaue, denke ich: Verrückt! Welch ein quirliges Leben! Was für ein fröhlicher Trubel auf den Märkten! Wie unglaublich viele Menschen so kurz vor Ostern in der Altstadt unterwegs sind! Kopf an Kopf schieben sie sich in Richtung der Heiligen Stätten. Fast surreal und heute kaum noch zu glauben. Herrlich war das!

Mit der Bahn nach Jerusalem

Wir staunen nicht schlecht, als wir am Bahnsteig des Ben-Gurion-Flughafen-Bahnhofs ankommen: Rot-weiße Doppelstockzüge made in Görlitz halten hier – wie sie auch in Deutschland im Regionalverkehr fahren. Im S-Bahn-Takt verbinden die Züge alle 30 Minuten Tel Aviv und Jerusalem. Sehr praktisch und preiswert dazu: 4 Euro 25 kostet das Ticket. Fix geht es nach Jerusalem – in gut 40 Minuten sind wir am Ziel.

Ankunft am neuen Bahnhof Yitzhak Navon. Die Züge halten 80 Meter unter der Erde. Über lange Rolltreppen fahren wir nach oben und landen mitten im quirligen Leben Jerusalems.

Rund um den Mahane Yehuda Markt

Es ist nicht weit zu unserem Quartier. Nach wenigen Minuten hält das Taxi in einer schmalen Gasse hinter dem berühmten Mahane Yehuda Markt. Wir haben ein kleines Apartment in „The Market Courtyard“ gemietet – ein idealer Standort, um die Stadt zu erkunden.

Natürlich führt unser erster Weg auf den Markt, der uns schon bei unserem ersten Besuch Jerusalems fasziniert hat. Es ist der größte und ethnisch vielfältigste freistehende Markt in Israel. Rund 300 Händler sind hier präsent, sie bedienen täglich etwa 200.000 Menschen. Das Angebot besteht aus Gemüse und Obst, Gewürzen, Nüssen, Gebäck, Süßem, Fleisch und Fisch, Tee, Kaffee, Weinen, Nippes und vielem mehr.

Allein die Auswahl an Gewürzen überwältigt: Anis, Kardamon, Kreuzkümmel, Paprika in allen Schärfegraden, Zimt oder Sumach, dazu die Gewürzmischungen, die in der Küche Israels gern verwendet werden, wie Zaatar. Die Gewürzstände sind eine Augenweide! Ach, und wie es hier duftet!

Zwischen den Marktständen gibt es zahlreiche Restaurants und am Abend öffnen einige Bars. Genussvoll lassen wir hier den Tag ausklingen.

Israel Museum – ein nationaler Schatz

Freitagmorgen: Wir wollen zum Israel Museum, dem bedeutendsten Museum des Landes und einem der führenden Kunst- und Archäolgie-Museen weltweit. Wir nehmen den Bus. Zehn Stationen sind es von der Haltestelle am Mahane Yehuda Markt bis zum Museum, das in Sichtweite der Knesset liegt, des israelischen Parlamentes.

1965 gegründet, wurde das Haus von 2007 bis 2010 umfassend modernisiert, erweitert und sein heutiges Erscheinungsbild geschaffen.

Gleich am Eingang fällt ein merkwürdiges und zugleich ikonisches Gebäude auf, das schon zum ursprünglichen Israel Museum gehörte: Der „Schrein des Buches“. Der Pavillon ist dem Deckel eines antiken Tontopfes nachempfunden.

(c) Berthold Werner

Denn es war ein Topftopf, in dem man im Jahr 1947 nahe des Toten Meeres in den Höhlen von Qumran die ältesten biblischen Texte der Welt fand. Die Schriftrollen aus dem 3. Jahrhundert vor Christus werden im „Schrein des Buches“ aufbewahrt und ausgestellt.

© Israel Museum Jerusalem, David Harris

Spektakulär ist ein Modell der Stadt Jerusalem im Maßstab 1:50, wie sie zur Zeit des Zweiten Tempels aussah.

Vom Tempel, der im Jahr 66 nach Christus von den Römern zerstört wurde, ist nur ein Teil der westlichen Mauer erhalten: die Klagemauer, heute spiritueller Mittelpunkt des Judentums.

Durch einen langen Tunnel, vorbei an modernen Skulpturen, führt unser Weg zur archäologischen Abteilung des Museums.

Das Israel Museum besitzt eine archäologische Sammlung von Weltrang.

Sogenannte Anthropoide, Sarkophage aus der Bronzezeit, grüßen uns im Foyer des archäologischen Flügels.

(c) Israel Museum Jerusalem, Nachum Slapak

Wir biegen jedoch ab und wenden uns zuerst der Abteilung für jüdische Kunst und jüdisches Leben zu. Zu bestaunen gibt es traditionelle Hochzeitsgewänder, Kandelaber, Ritualgegenstände, Thora-Rollen und wertvolle Handschriften – wunderschön präsentiert. Höhepunkt für uns ist die Sammlung alter Synagogen, die in aller Welt gerettet und hier wieder im Original aufgebaut wurden.

Auch die Kunstsammlung ist gigantisch. Wir begegnen vielen Größen der Malerei – und auch einigen guten „Bekannten“ aus Berlin, wie Max Liebermann oder Lesser Ury.

Einstimmen auf Schabbat

Zurück in „unserem“ Kiez. Es ist früher Nachmittag – noch vier Stunden bis der Schabbat beginnt. Das Gewimmel ist noch dichter geworden. Die Menschen sind unterwegs, um letzte Besorgungen zu machen.

Alle Cafés und Restaurants sind voll besetzt, die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen.

Es wird viel gesungen, gelacht und getanzt. Die Lebensfreude steckt an.

Dann – gegen 18 Uhr – erklingt kurz ein Sirenton, der Schabbat beginnt. Die eben noch so quirligen Straßen sind wie plötzlich ausgestorben.

Wie gut, dass in der Stadt auch Araber und Christen zu Hause sind! Die religiösen Ruhetage sind daher schön verteilt, und so finden wir im muslimischen Viertel der Altstadt etliche Restaurants, die an diesem Abend geöffnet haben.

In der Altstadt

Der Weg führt uns heute durch die Altstadt – mit ihrem farbenfrohen Basar. Von Schabbat-Ruhe ist hier nichts zu spüren. So kurz vor Ostern strömen vor allem christliche Pilger aus der ganzen Welt durch die engen Gassen – besonders durch die Via Dolorosa, den erst im Mittelalter angelegten „Leidensweg“ Jesu Christi. Hier schwillt der Pilgerstrom an, als gäbe es den Heiland leibhaftig zu treffen.

Rockefeller Archaeological Museum

Wir verlassen die Altstadt durch das Löwentor. Unser Ziel ist Archaeological Museum, das zum Israel Museum gehört.

Der Milliardär John D. Rockefeller finanzierte den Bau in den 1930er Jahren mit, daher trägt das Haus heute seinen Namen.

Zu sehen sind Artefakte, die seit dem 19. Jahrhundert im damaligen osmanischen Palästina gefunden wurden. Wir sind fast allein und erleben eine Oase erhabener Ruhe. Tatsächlich ist das Museum nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit, was erklären mag, warum nur wenige Besucher den Weg hierher finden.

Grabeskirche

Zurück in Jerusalems Altstadt. Wir wollen zur weltberühmten Grabeskirche, die von orthodoxen Christen auch Auferstehungskirche genannt wird – und geraten in einen gewaltigen Menschenstau.

Während die Pilgergruppen zum Eingang strömen, kündigen sich an diesem Nachmittag große Ereignisse an. Es ist Lazarus-Samstag vor dem Palmsonntag, mit dem die heilige Karwoche vor Ostern eingeläutet wird.

Wir erleben eine einmalige Prozession. Vorbei am Spalier hunderter Menschen schreiten nach den griechisch-orthodoxen und katholischen Hausherren Vertreter der syrischen Kirche und ägyptische Kopten zum Heiligtum. Zum Schluss kommen die Würdenträger der armenisch-apostolischen Kirche mit ihrem Patriarchen zu den feierlichen Liturgien. Ein beeindruckendes Schauspiel – sogar für uns Agnostiker – und ein besonderes Finale für unser Wochenende in Jerusalem.

Fazit

Eine Stadt der diversen Kulturen, der verschiedenen Religionen, der vielfältigen und spannenden Geschichte. Wir haben Jerusalem schon zwei Mal besucht – und wollen unbedingt wieder hin!

Info: goisrael, Jerusalem
Museum: Israel Museum Jerusalem, Rockefeller Archeological Museum
Bahn: Israel Railways
Hotel: The Market Courtyard – Jerusalem Suites
Musik im Video: Jolly Kunjappu
Videoproduktion: nic communication & consulting
Kamera und Schnitt: Mario Melzer | Redaktion und Text: Bettina Melzer

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